von MEMORIAL Deutschland e.V.
Die „Agenten“-Jagd geht weiter
Erklärung der Internationalen Gesellschaft Memorial
Am 13. und 14. Februar 2019 hat das russische Justizminiserium folgende, von Lev Ponomarev geleitete Verbände in die Liste von „Organisationen, die die Funktionen eines ausländischen Agenten ausführen“, eingetragen: „Für Menschenrechte“ („Za prava tscheloveka"), „Hotline“ („Gorjatschaja linija“) und die Stiftung „Zum Schutz der Rechte Gefangener“ („V zaschtschity prav zakljutschennych").
Die lange Propaganda-Kampagne gegen den verdienten Aktivisten wird fortgesetzt – sie fing an mit skandalösen Fernsehfilmen, kürzlich kam er widerrechtlich in administrative Haft, jetzt bringt man das Gesetz über „ausländische Agenten“ zur Anwendung, das dazu gedacht ist, unabhängige gesellschaftliche Organisationen zu diskreditieren.
Dieses Gesetz hat in der zivilisierten Welt nicht seinesgleichen. Es unterscheidet sich kardinal von dem in den USA geltenden Gesetz, auf das sich die staatliche Propaganda immer wieder beruft. Nach amerikanischem Recht ist eine Organisation dann ein „ausländischer Agent“, wenn sie „in den Vereinigten Staaten im Interesse eines ausländischen Auftraggebers (Prinzipals) politisch tätig ist oder agiert“. In Russland gilt das Gleiche für eine Organisation, „die auf dem Gebiet der Russischen Föderation, unter anderemim Interesse ausländischer Sponsoren, politisch tätig ist“ Da es heißt „unter anderem“, ist es nicht notwendig, die Arbeit „im Interesse ausländischer Sponsoren“ nachzuweisen. Wenn es den Machthabern beliebt, reicht dafür jederlei ausländische Finanzierung aus, und als „politische Tätigkeit“ kann so gut wie alles gelten. In den USA muss die Arbeit „im Interesse eines ausländischen Auftraggebers (Prinzipals)“ vor Gericht nachgewiesen werden, um eine Organisation als „ausländischer Agent“ verzeichnen zu können. In Russland reicht die Entscheidung eines Beamten im Justizministerium aus.
Wir kennen keine einzige Menschenrechtsorganisation, die als „ausländischer Agent“ registriert und tatsächlich bezichtigt worden wäre, für „ausländische Sponsoren“ tätig zu sein. Das ist verständlich, denn nicht einmal mit den geballten Einflussmöglichkeiten des Fernsehens lässt sich ohne weiteres suggerieren, der Einsatz für Bürgerrechte in Russland erfolge im Interesse von Ausländern. Das Etikett „ausländischer Agent“ bezeugt nur, dass der jeweiligen Organisation nichts vorzuwerfen ist. Wir sind überzeugt, dass der Zeitpunkt nicht mehr fern ist, zu dem der Staat alle, die in diesem berüchtigten Register aufgelistet sind, um Entschuldigung bitten wird, einschließlich Lev Ponomarev.
25. Februar 2019
von MEMORIAL Deutschland e.V.
Das Verfahren gegen Ojub Titiev
Eine Zusammenstellung des Menschenrechtszentrums Memorial
Vor etwas mehr als einem Jahr, am 9. Januar 2018, wurde in Tschetschenien Ojub Titiev, Leiter der Vertretung des Menschenrechtszentrums Memorial in Grozny, festgenommen. Er wird des Drogenbesitzes beschuldigt. Wir sind der Ansicht, dass das Verfahren gegen Titiev fabriziert ist, um seine Menschenrechtsarbeit zu unterbinden.
Teil 1
Wer Ojub Titiev ist
Ojub Titiev ist Leiter der letzten unabhängigen Menschenrechtsorganisation in Tschetschenien, der Vertretung des Menschenrechtszentrums Memorial in Grozny, und ehemaliger Lehrer. Ojub Titiev leitete Memorial in der Republik Tschetschenien seit der Entführung und Ermordung der Menschenrechtlerin Natalja Estemirova. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Tschetschenien praktisch keine Menschenrechtsorganisationen mehr: Alle hatten ihre Tätigkeit eingestellt, da sie um das Leben ihrer Mitarbeiter fürchteten. In Grozny war allein das Büro von Memorial übrig geblieben sowie sein Leiter: Ojub Titiev. Vor einem Jahr nun, am 9. Januar 2018, wurde Ojub festgenommen. In seinem Auto, dem Auto eines Menschen, der den Sport liebt und als gläubiger Moslem weder trinkt noch raucht, hatte man angeblich Drogen gefunden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet er sich in Haft, der Prozess läuft. Das Menschenrechtszentrum Memorial ist überzeugt, dass Titiev unschuldig ist. Der Prozess vor dem Stadtgericht in Schali wird von der Richterin Madina Zejnetdinova geleitet. Die Ankläger auf Seiten des Staates sind der Staatsanwalt des Bezirks Kurtschaloj Dzhabrail Achmatov sowie Milana Bajtaeva, Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft der Republik. Verteidigt wird Ojub Titiev von den Anwälten Marina Dubrovina, Petr Zaikin und Ilja Novikov.
von MEMORIAL Deutschland e.V.
Moskauer Memorial-Verband wird nicht als "Agent" verzeichnet
Die außerplanmäßige Überprüfung des Zentrum für Information und Aufklärung von Memorial (NIPC) in Moskau durch das Justizministerium, die die Organisation im Hinblick auf eine mögliche Verzeichnung als „ausländischer Agent“ untersuchen sollte, wurde inzwischen abgeschlossen. Anders als befürchtet, ist es nicht – wie zuvor in vielen anderen Fällen - zu einer Registrierung als „Agent“ gekommen.
Es wurden lediglich einige Bestimmungen in der noch aus dem Jahre 1996 stammenden Satzung beanstandet, die nicht mehr der heutigen Gesetzgebung entsprechen.
Die erforderlichen Satzungsänderungen (und die obligatorische Umregistrierung) werden in der nächsten Zeit vorgenommen.
13. Februar 2019
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
„Marsch der zornigen Mütter“ in mehreren Städten Russlands
Am 10. Februar 2019 fanden in mehreren Städten Russlands Aktionen unter dem Motto „Marsch der zornigen Mütter“ zur Unterstützung von Anastasia Schevtschenko und anderen politischen Häftlingen statt.
Anastasija Schevtschenko, die am 21. Januar 2019 wegen Mitarbeit in der als unerwünscht eingestuften Organisation „Otkrytaja Rossija“ („Offenes Russland“) verhaftet wurde und die derzeit unter Hausarrest steht, eine Haftstrafe von zwei bis sechs Jahren droht. Das Menschenrechtszentrum MEMORIAL hat Schevtschenko als politische Gefangene anerkannt.
Auslöser für die Demonstrationen war der Tod von Schevtschenkos Tochter, die während des Hausarrests der Mutter auf die Intensivstation gebracht werden musste und dort schließlich verstarb. Zu den Aktionen, die von den Behörden nicht genehmigt worden waren, kam es in 14 Städten Russlands. In Moskau, wo mehrere Hundert Menschen an dem Marsch teilnahmen, wurden mindestens zwei Personen zunächst verhaftet und später wieder auf freien Fuß gesetzt; die Polizei nahm ein Protokoll wegen geringfügigem Hooliganismus auf. In St. Petersburg wurden nach Angaben von OVD-Info acht Personen festgenommen, von denen zwei aus dem Gefangenentransporter fliehen konnten. Später am Tag ließ man vier der Festgenommenen wieder frei, zwei von ihnen, Marija Koshevatova, Mitglied der Partei Jabloko, und Svetlana Utkina, Organisatorin der Demonstration in Petersburg, verbrachten 48 Stunden auf der Polizeiwache.
Gegen Koshevatova wurde wegen wiederholter Verletzung des Versammlungsrechts bereits eine Strafe von 250 000 Rubeln (ca. 3375,- Euro) verhängt. Koshevatova hatte ein Putin-kritisches Plakat entrollt. Svetlana Utkina wurde ebenfalls auf der Grundlage desselben Artikels angeklagt. In Machatschkala suchten Sicherheitskräfte am 10. Februar die Wohnung von Natalja Sacharova auf, Organisatorin der örtlichen Kundgebung, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits außer Haus befand. Die Männer erschreckten die dort anwesenden minderjährigen Kinder der Aktivistin, was diese veranlasste, anstelle der Demonstration lediglich eine Einzelkundgebung zur Unterstützung von Anastasia Schevtschenko abzuhalten, um weitere Konflikte mit den Behörden zu vermeiden.
12. Februar 2019
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
Aktivisten von "Oktrytaja Rossija" landesweit unter wachsendem Druck
In einem Strafverfahren droht erstmals eine Haftstrafe
In mehreren russischen Städten ist es in letzter Zeit zu Verfolgungsmaßnahmen gegen Mitglieder von „Otkrytaja Rossija“ („Offenes Russland“) gekommen, mit der Begründung, es handele sich um eine in Russland „unerwünschte Organisation“, mit der jegliche Zusammenarbeit untersagt ist. Das entsprechende Gesetz, das die Registrierung ausländischer unerwünschter Organisationen vorschreibt und jegliche Kooperation mit ihnen unter Strafe stellt, wurde 2015 verabschiedet. Welche Vereine das betrifft, wird vom Generalstaatsanwalt oder seinem Vertreter in Absprache mit dem Außenministerium festgelegt. Bisher sind hier 15 Organisationen verzeichnet, darunter seit April 2017 auch zwei in Großbritannien ansässige Verbände von OpenRussia, gegründet von Michail Chodorkovskij.
Die in Russland aktive Bewegung „Oktrytaja Rossija“ ist aber mit den zuletzt genannten nicht verbunden. Da es sich um keine ausländische Organisation handelt, kann das Gesetz von 2015 auf sie nicht angewendet werden, und eine Zusammenarbeit mit ihr oder Aktionen für sie stellen somit auch nach russischem Recht keinen Straftatbestand dar.
Haussuchungen waren bei mehreren Aktivisten von „Otkrytaja Rossija“ bereits 2017 durchgeführt worden. In den letzten Wochen kam es zu Drangsalierungen und Haussuchungen bei Aktivisten in Wolgograd, Pskov, Krasnodar, Kurgan, Rostov am Don, Uljanovsk und Kazan. Michail Kusovkov in Kurgan wurde wegen seiner Mitarbeit in einer „unerwünschten Organisation“ zu einer Geldstrafe von 5.000 Rubeln verurteilt. In Wolgograd wurde ein Verfahren wegen desselben „Delikts“ gegen Roman Sajzev eingeleitet, das in diesem Fall vor allem darin bestand, dass er in den sozialen Netzen über das gerade gegen Anastasia Schewtschenko eingeleitete Verfahren berichtet hatte. Letztere war am 21. Januar in Rostov am Don nach einer Haussuchung verhaftet worden, nachdem am 18. Januar ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet worden war.
Am 23. Januar wurde Anastasija Schevtschenko in den Hausarrest überstellt. Sie ist alleinerziehende Mutter. Ihre 17jährige Tochter, die in diesen Tagen lebensgefährlich erkrankte, durfte sie erst unmittelbar vor ihrem Tode kurz im Krankenhaus besuchen.
Bei diesem Verfahren geht es erstmals nicht mehr nur um eine Ordnungsstrafe. Da sie im Jahre 2018 nach der Teilnahme an Kundgebungen, die "Otkrytaja Rossija" organisiert hatte, bereits zweimal zu einer Ordnungsstrafe verurteilt wurde, könnte ihr jetzt nach Art. 284.1 eine Haftstrafe von zwei bis sechs Jahren drohen.
Das Menschenrechtszentrum MEMORIAL hat Anastasija Schevtschenko als politische Gefangene verzeichnet. Sie und andere, die verwaltungs- und strafrechtlich verfolgt würden, würden allein wegen ihrer Zusammenarbeit mit Oktrytaja Rossija zur Rechenschaft gezogen, die eine gewaltlose, legitime oppositionelle Tätigkeit ausübe.
Amnesty International hat zu einer Eilaktion (urgent action) zu ihrer Unterstützung aufgerufen.
11. Februar 2019
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
In Russland ist die Gewissensfreiheit eine Fiktion
Erklärung der Internationalen Gesellschaft MEMORIAL
Am 6. Februar hat das Zhelesnodorozhnyj-Bezirksgericht von Orel den dänischen Staatsbürer Dennis Christensen zu sechs Jahren Straflager verurteilt – weil er „unter Ausnutzung seiner geistigen Autorität“ aktiv bei den „Zeugen Jehovas“ in Orel mitwirkte.
Vor fast zwei Jahren, am 20. April 2017, hat das Oberste Gericht in Russland die „Zeugen Jehovas“ in Russland als „extremistische Organisation" verboten. Mit dieser schändlichen und widerrechtlichen Entscheidung steht Russland in einer Reihe mit höchst fragwürdigen Regimen. Die „Zeugen Jehovas“ wurden auch in Hitler-Deutschland unerbittlich verfolgt. In allen demokratischen Ländern können sie ihren Glauben indes ungehindert praktizieren. Infolge des Verbots sind heute in unserem Land bereits Dutzende von Anhängern dieser Lehre inhaftiert. Jetzt ist erstmals in einem Urteil eine Freiheitsstrafe verkündet worden.
Die von der russischen Verfassung deklarierte Gewissensfreiheit ist in Russland inzwischen eine ebensolche Fiktion wie seinerzeit in der UdSSR. Die sechs Jahre Haft, die Christensen dafür erhielt, dass er sein durch die Verfassung garantiertes Recht auf Religionsfreiheit ausübte, entsprechen den Strafmaßen, die zu Zeiten der Sowjetmacht gegen die „Zeugen Jehovas“ verhängt wurden.
Es ist absurd, dass die unter dem Sowjetregime verurteilten „Zeugen Jehovas“ (Memorial kennt Hunderte solcher zerstörter Lebensläufe) nach dem Rehabilitierungsgesetz von 1991 als Opfer politischer Repressionen gelten, während die heutigen Anhänger der „Zeugen Jehovas“ wieder inhaftiert werden.
Dieses Urteil bestätigt erneut, wie unangemessen die russische „antiextremistische“ Gesetzgebung ist, die es zulässt, so gut wie jeden als Extremisten einzustufen.
Wir fordern, das verfassungswidrige Verbot der „Zeugen Jehovas“ aufzuheben.
Dennis Christensen und die übrigen inhaftierten Anhänger der „Zeugen Jehovas“ halten wir für Gewissensgefangene und fordern ihre unverzügliche Freilassung.
Der Vorstand der Internationalen Gesellschaft MEMORIAL
8. Februar 2019
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
Radiointerview mit Anke Giesen
Hinweis:
Im Vorfeld zu einer Veranstaltung in der Gedenkstätte Roter Ochse in Halle wurde am 4. Februar ein Interview mit Anke Giesen zur Situation der Memorial-Verbände und zur Geschichtspolitik in Russland bei Radiocorax aufgezeichnet, das Sie jetzt hier nachhören können.
6. Februar 2019
von MEMORIAL Deutschland e.V.
„Ich glaube an unsere Kinder“
Neuerscheinung: Publikation von Memorial in deutscher Übersetzung
Beim Verlag Matthes & Seitz in Berlin ist in diesen Tagen unter dem Titel „Ich glaube an unsere Kinder“ die von Christina Links übersetzte deutsche Ausgabe von „Papiny pisma“ (Papas Briefe) mit einem Vorwort von Irina Scherbakova erschienen.
Die Publikation ist aus einer Ausstellung hervorgegangen, die Memorial erstmals 2013 in Moskau präsentiert hat. Ergänzt und zu einer Wanderausstellung umgearbeitet wurde sie seither nicht nur vielerorts in Russland gezeigt, sondern auch schon in Deutschland (im Oktober 2018 in Freiburg). Das russische Original liegt bereits seit 2014 vor.
Die Briefe stammen aus Privatarchiven, die Memorial überlassen wurden. Es sind Briefe Gefangener an ihre in Freiheit verbliebene Familie und vor allem an ihre Kinder, deren Heranwachsen die Väter aus der Ferne begleiten wollten. Sie versuchten, ihnen Kenntnisse zu vermitteln und sie auch an ihrem Leben teilhaben zu lassen.
Mit dieser Publikation werden dem deutschen Leser singuläre Dokumente zugänglich, die einen wenig beachteten Aspekt des Lagerlebens beleuchten – den Versuch, über Jahre hinweg bei fast völlig fehlendem persönlichem Kontakt ein Familienleben aufrechtzuerhalten in der Erwartung, später daran anknüpfen zu können. Die Hoffnung, später einmal zur Familie zurückkehren zu können, erwies sich allerdings in fast allen Fällen als Illusion.
1. Februar 2019
von MEMORIAL Deutschland e.V.
Verhaftungen beim Marsch zur Erinnerung an Stanislav Markelov und Anastasia Baburova
Am 19. Januar fanden in Moskau und St. Petersburg wie alljährlich der Marsch zur Erinnerung an Stanislav Markelov und Anastasija Baburova sowie Einzelkundgebungen statt. Der Anwalt und Menschenrechtsaktivist Markelov und die Journalistin Baburova waren am 19. Januar 2009 am helllichten Tag auf offener Straße von Neonazis erschossen worden. Markelov hatte sich bei seiner Arbeit immer wieder für linke Aktivisten eingesetzt. In Moskau, wo die Aktion von den Behörden genehmigt worden war, nahmen mehrere hundert Menschen teil. In Petersburg hatten die Behörden den Marsch zunächst genehmigt, ihre Genehmigung dann aber wieder zurückgezogen. Zeitgleich wurde die Aktion von etwa hundert Demonstranten in London unterstützt. In Petersburg wurden bei Einzelkundgebungen zunächst sechs Personen, im weiteren Verlauf der Aktion mindestens fünf Personen festgenommen, die jedoch noch am selben Tag wieder auf freien Fuß gesetzt wurden.
In Moskau kam es ebenfalls zu mehreren Verhaftungen. So wurde der Journalist Igor Jasin festgenommen, als er eine Fahne in Regenbogenfarben entrollte. Neben Jasin wurden drei weitere Personen festgenommen, unter ihnen Nikolaj Kretov, Mitarbeiter der Moskauer Helsinki Gruppe, der Jasin zur Hilfe geeilt war. Nach Angaben eines der Verhafteten sagte ein Polizist während der Festnahme zu ihm: „Wenn es nach mir ginge, würde ich dich umbringen.“ Im Polizeibus dann sei er geschlagen worden. Man brachte die Aktivisten auf die Polizeiwache und ließ zunächst keine Anwälte zu ihnen vor. Gegen alle vier wurde ein Protokoll wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt aufgenommen (§ 19.3 Ordnungsstrafrecht der RF), gegen Kretov zusätzlich wegen Verletzung des Ablaufs einer öffentlichen Veranstaltung (§ 20.2 Abschn.5 Ordnungsstrafrecht der RF). Zusätzlich ließ man sie bis zum Ablauf der 48-Stundenfrist in Haft und setzte sie erst am 21. Januar wieder auf freien Fuß. Jasin wurde noch am 21. Januar zu einer Strafe von 20.000 Rubel (etwa 264 Euro) verurteilt.
22. Januar 2019
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
Justizministerium überprüft MEMORIAL-Verband in Moskau
Das wissenschaftliche Zentrum für Information und Aufklärung von Memorial (NIPC) in Moskau wird einer außerplanmäßigen Überprüfung unterzogen. Dies wurde der Organisation noch im Dezember letzten Jahres mitgeteilt. Heute hat das Zentrum dem Justizministerium die angeforderten Dokumente übermittelt.
In dem Bescheid vom Justizministerium heißt es, Gegenstand der Überprüfung sei „die Tätigkeit des Verbandes als nichtkommerzielle Organisation, die die Funktion eines ausländischen Agenten ausübe und sich nicht als solche hat registrieren lassen“.
Ergebnis derartiger Überprüfungen ist in der Regel die Eintragung in das Verzeichnis angeblicher „ausländischer Agenten“ durch das Justizministerium (mit den bekannten negativen Folgen). Von den fünf Moskauer Memorial-Verbänden wurden am 21. Juli 2014 bereits das Menschenrechtszentrum und am 4. Oktober 2016 die Internationale Gesellschaft Memorial als „Agent“ registriert. Beide Entscheidungen werden noch juristisch angefochten.
14. Januar 2019
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
Menschenrechtsrat tagt in neuer Zusammensetzung
Am 11. Dezember, nach der Trauerfeier für Ljudmila Aleksejeva, tagte der von Michail Fedotov geleitete Rat beim Präsidenten zur Entwicklung von Zivilgesellschaft und Menschenrechten (kurz „Menschenrechtsrat“) erstmals in neuer Zusammensetzung. Dies war zugleich die einmal jährlich stattfindende Tagung im Beisein von Präsident Putin.
Memorial International ist im Menschenrechtsrat nicht mehr vertreten. Umso häufiger war aber von Memorial die Rede. Dies war vor allem dem Historiker und Journalisten Nikolaj Svanidse zu verdanken.
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
Lev Ponomarev kann nicht an Trauerfeier für Ljudmila Aleksejeva teilnehmen
Lev Ponomarev, der vor einigen Tagen zu 25 Tagen Haft verurteilt wurde - die Haft wurde inzwischen auf 16 Tage herabgesetzt -, wird nicht an den Beisetzungsfeierlichkeiten für die Menschenrechtlerin Ljudmila Aleksejeva teilnehmen können.
Ljudmila Aleksejeva war am 8. Dezember verstorben. Sie war eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivisten in Russland. 1976 war sie maßgeblich an der Gründung der Moskauer Helsinki-Gruppe beteiligt. Bereits 1977 wurde sie zur Emigration gezwungen und lebte bis 1993 in den USA, dann kehrte sie nach Russland zurück. 1996 übernahm sie die Leitung der neu gebildeten Moskauer Helsinki-Gruppe.
Die offizielle Trauerfeier für Ljudmila Aleksejeva findet am 11. Dezember vormittags im „Haus des Journalisten“ statt.
Lev Ponomarev war mit Ljudmia Aleksejeva eng verbunden. Das Gericht, das über eine Haftaussetzung zu entscheiden hatte, befand jedoch, dass er ihr nicht nahegestanden und ihr Kontakt sich auf ihre gemeinsamen Projekte beschränkt habe.
10. Dezember 2018
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
Zur Ordnungshaft von Lev Ponomarev
Erklärung von MEMORIAL International
Die Inhaftierung des Menschenrechtlers Lev Ponomarev ist eine erneute Bestätigung dafür, wie repressiv, widerrechtlich und inhuman die russische Gesetzgebung zu Massenkundgebungen ist. Im Widerspruch zur Verfassung der Russischen Föderation sowie mehrmaligen Entscheidungen des Europäischen Menschenrechtsgerichts verletzen russische Gerichte immer wieder das durch die Verfassung garantierte Recht der Bürger auf friedliche Versammlungen.
Die Gesellschaft MEMORIAL hält die Verfolgung Lev Ponomarevs für gesetzwidrig und fordert seine umgehende Freilassung.
6. Dezember 2018
von MEMORIAL Deutschland e.V.
Menschenrechtsrat beim Präsidenten neu besetzt
MEMORIAL International nicht mehr im Menschenrechtsrat vertreten
Nachdem in diesem Jahr die russischen Präsidentschaftswahlen stattgefunden haben, wurde nun auch, wie üblich, der „Rat für Entwicklung der Zivilgesellschaft und Menschenrechte beim Präsidenten der Russischen Föderation, kurz „Menschenrechtsrat“ genannt, neu besetzt.
Anders als bei der letzten Neubesetzung, bei der es zuvor eine Internet-Abstimmung gegeben hatte, verlief das jetzige Verfahren hinter den Kulissen und völlig intransparent.
Dessen ungeachtet sind einige namhafte Menschenrechtler und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen in den Rat aufgenommen worden – darunter erstmals die frühere Menschenrechtsbeauftragte für Perm Tatjana Margolina und die Leiterin von Grani Svetlana Makovezkaja, ebenfalls aus Perm, dann Igor Kaljapin („Komitee gegen Folter") und Pavel Tschikov („Agora") – sowie namhafte Juristen (die ehemalige Verfassungsrichterin Tamara Morschtschakova und der Anwalt Genri Reznik) im Rat vertreten, darüber hinaus ist Roman Romanov (der Leiter des GULAG-Museums) zu erwähnen.
Es fällt allerdings auf, dass von MEMORIAL International niemand mehr vertreten sein wird, ungeachtet der Expertise der Organisation in den hier relevanten Bereichen Menschenrechte und historische Aufarbeitung. Auch das langjährige Mitglied Sergej Krivenko, Leiter der Organisation „Grazhdanin i Armija“ (Bürger und Armee) und Vorstandsmitglied von MEMORIAL International, wurde nicht mehr aufgenommen.
4. Dezember 2018
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
Erneutes Gutachten bescheinigt Jurij Dmitriev vollständige psychische Gesundheit
Jurij Dmitriev, Leiter des Memorialverbands in Karelien, war ursprünglich am 5. April 2018 vom Vorwurf der Pornographie freigesprochen und auf freien Fuß gesetzt worden. Bereits im Rahmen dieses ersten Verfahrens hatte sich Dmitriev einer gerichtsmedizinischen Untersuchung unterziehen müssen. Schon das damalige Gutachten hielt ausdrücklich fest, dass er nicht pädophil sei. Am 27. Juni wurde Dmitriev erneut verhaftet, diesmal wegen angeblicher gewaltsamer sexueller Handlungen gegen Minderjährige unter 14 Jahren nach Art. 132, Abschn. 4b des russ. StGB. Die Staatsanwaltschaft von Karelien und die Großmutter von Dmitrievs Pflegetochter war gegen den Freispruch vom April in Revision gegangen.
Es folgte eine erneute psychiatrische Untersuchung in St. Petersburg, die ihm nun in einem Gutachten vollständige psychische Gesundheit bescheinigt und keinerlei psychische Abweichungen oder pädophile Neigungen feststellt. Der nächste Verhandlungstag ist für den 18. Dezember anberaumt und findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Jurij Dmitriev seit vielen Jahren die Geschichte des sowjetischen Terrors in Karelien erforscht. Seiner Arbeit ist es zu verdanken, dass die Namen von über 13.000 Opfern ermittelt und in einem Gedenkbuch verzeichnet wurden. Sein Name ist außerdem vor allem mit der Gedenkstätte Sandormoch bei Medvezhgorsk verbunden, wo während der Zeit des Großen Terrors Tausende von Menschen erschossen wurden.
3. Dezember 2018
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
Bürgschaft für Ojub Titiev abgelehnt
Der von den Anwälten Ojub Titievs gestellte Antrag, ihren Mandanten zu entlassen und die Untersuchungshaft durch eine persönliche Bürgschaft zu ersetzen, ist vom Gericht am 26. November 2018 abgewiesen worden. Zu einer persönlichen Bürgschaft hatten sich Svetlana Gannuschkina, Leiterin der Flüchtlingshilfsorganisation Grazhdanskoe Sodejstvie, Mitglied des Menschenrechtszentrums Memorial und Vorstandsmitglied bei Memorial International, sowie Grigorij Javlinskij bereit erklärt.
Javlinskij, der am Verhandlungstag des 26. November anwesend war, beschrieb in einer Rede vor Gericht, Titiev habe den Einwohnern Tschetscheniens in den schwierigsten Kriegsjahren geholfen, viele Male das eigene Leben riskiert, die Menschen vor Folter geschützt, alle seine Aktivitäten darauf ausgerichtet, das menschliche Leben und die Würde in Not geratener einfacher Menschen zu bewahren. „Aus Respekt für das tschetschenische Volk, aus Respekt für die Wahrheit, für die Zukunft Tschetscheniens und Russlands bitte ich Sie, meine Garantie zu akzeptieren und die vorbeugende Haftmaßnahme Titievs zu ändern.“, schloss Javlinskij.
Das Gericht erkannte die Reputation Javlinskijs und Gannuschkinas zwar an, sah darin aber keine ausreichende Grundlage angesichts der angeblichen Schwere der Anklage, dem Antrag stattzugeben. In der Verhandlung versuchte die Verteidigung ebenfalls zu erwirken, dass Titiev den Prozesstagen nicht mehr im Käfig beiwohnen muss, sondern neben seinen Anwälten auf der Bank Platz nehmen darf. Auch dieser Antrag wurde vom Gericht abgelehnt.
Der nächste Verhandlungstag ist für den 10. und 11. Dezember angesetzt.
3. Dezember 2018
von MEMORIAL Deutschland e.V.
Für unsere und eure Kinder - Lev Ponomarev festgenommen
Angeklagte im Verfahren „Set“ erklären Hungerstreik
Wegen wiederholter Verletzung des Versammlungsrechts und des Aufrufs zur Teilnahme an der nicht genehmigten Solidaritätsaktion „Für unsere und eure Kinder“ zur Unterstützung der Gefangenen im Rahmen der Verfahren „Novoe Velitschie“ und „Set“ ist am Abend des 1. Dezember Lev Ponomarev, Vorsitzender der Bewegung Für Menschenrechte, festgenommen worden. Es wurde ein Protokoll aufgenommen, danach wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt. Ihm drohen 30 Tage Haft oder bis zu 300 000 Rubel Strafe. Die Verhandlung ist für den 5. Dezember anberaumt.
Das Menschenrechtszentrum Memorial betrachtet die Verhafteten im Verfahren „Novoe Velitschie“ als politische Gefangene. Den Festgenommenen der Organisation „Set“ wurden, wie wir bereits berichteten, Waffen untergeschoben, ihre Geständnisse durch massive Folter erpresst. Dmitrij Ptschelinzev und Andrej Tschernov, beide Angeklagte im Verfahren „Set“ sind am 29. November aus Protest gegen die Haftbedingungen in den Hungerstreik getreten.
3. Dezember 2018
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von MEMORIAL Deutschland e.V.
Ojub Titiev mit dem Deutsch-Französischen Preis für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit 2018 ausgezeichnet
Ojub Titiev, Leiter des Menschenrechtszentrums Memorial in Tschetschenien, ist unter den Preisträgern des diesjährigen Deutsch-Französischen Preises für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Die Preisträger 2018 waren am 21. November 2018 von den Außenministern Deutschlands und Frankreichs veröffentlicht worden. In der Erklärung der Ministerien beider Länder dazu heißt es: „Im Jahr des 70-jährigen Bestehens der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ehren Deutschland und Frankreich 15 Preisträgerinnen und Preisträger, die mutig für die Wahrung der Menschenrechte eintreten. Sie stehen stellvertretend auch für die vielen anderen Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger, die bei ihrem Einsatz für die Menschenrechte unerkannt bleiben und beim Kampf für Gerechtigkeit oftmals großes Unrecht erleiden.
von MEMORIAL Deutschland e.V.
Zeuge im Verfahren „Set“ klagt beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen Anwendung von Folter
Ilja Kapustin, der im Rahmen des Verfahrens gegen Mitglieder der Gruppierung „Set“ [Aktivisten der Antifaschistischen Bewegung] als Zeuge vernommen wurde, Russland mittlerweile verlassen und in Finnland politisches Asyl beantragt hat, hat beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage gegen den Russischen Staat eingereicht. Kapustin und sein Anwalt klagen wegen Anwendung von Folter gegen die Verletzung des Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf Freiheit und Sicherheit) sowie Artikel 13 (Recht auf eine wirksame Beschwerde). Eine Klage Kapustins bei Gericht in St. Petersburg wegen Anwendung von Folter durch Angehörige der Sicherheitsorgane war von den dortigen Behörden bereits abgewiesen worden. Im Herbst 2017 war gegen acht Personen aus St. Petersburg und Pensa wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung (§ 205.4 (2) StGB RF) ein Verfahren eingeleitet worden.
Wie in der Folge bekannt wurde, hatte man den Verhafteten Waffen untergeschoben, Geständnisse, die später widerrufen wurden, waren durch massive Folter erpresst worden. Ilja Kapustin, der selbst weder verdächtigt noch angeklagt ist, sondern nur als Zeuge in dem Verfahren gehört werden sollte, war am späten Abend des 25. Januars 2018 in St. Petersburg von maskierten Personen ergriffen und in einen Bus gezerrt worden, wo man drei Stunden lang auf ihn einschlug und ihn mit Elektroschocks traktierte. Man verlangte von Kapustin, Fragen zu beantworten und drohte, ihm die Beine zu brechen und ihn anschließend im Wald auszusetzen. Danach brachte man ihn in das Gebäude des örtlichen FSB, um ihn dort als Zeugen zu verhören, wobei es zu weiteren Folterandrohungen kam. Nach einer Durchsuchung seiner Wohnung wurde Kapustin nach Hause entlassen.
Der Klage beim EGMR liegen die Ergebnisse einer forensischen Untersuchung - einschließlich eines Fotos - bei, in der von mindestens 81 Abschürfungen die Rede ist. Kapustin erklärt seine Klage beim EGMR gegenüber der Zeitung Kommersant folgendermaßen: „Ich musste mich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden, weil das Ermittlungskomitee Russlands und die Gerichte sich weigern, ihren Verpflichtungen nachzukommen, mich vor der Willkür der FSB-Mitarbeiter zu schützen. Anstatt diesen Machtmissbrauch von Seiten der Polizei und des FSB zu durchkreuzen, nehmen sie sie in Schutz und gestatten ihnen jegliche Willkür. Es muss alles getan werden, was in unserer Macht steht, die Vertreter des russischen Staatsapparates zu zwingen damit aufzuhören, die eigenen Befugnisse zu missbrauchen. Die Klage beim EGMR ist das, was ich tun kann, um die russischen Behörden zu bewegen, die Amtspersonen der Sicherheitsorgane ruhig zu stellen.“
19. November 2018
von MEMORIAL Deutschland e.V.
Mahnwache für Ojub Titiev – Svetlana Gannuschkina zu einer Geldstrafe von 10.000 Rubeln verurteilt
Svetlana Gannuschkina, Leiterin der Flüchtlingshilfsorganisation Grashdanskoe Sodejstvie, ist am 13.11.2018 zu einer Geldstrafe von 10.000 Rubeln (umgerechnet etwa 127 Euro) verurteilt worden.
Gannuschkina hatte sich am 9. Juli 2018, dem Tag des Verhandlungsbeginns gegen Ojub Titiev, gemeinsam mit Oleg Orlov auf dem Manegenplatz in Moskau postiert und ein Plakat mit der Aufschrift „Freiheit für Ojub Titiev“ in die Höhe gehalten. Die Aktion war nicht mit den Behörden abgestimmt. Gegen Orlov war in derselben Sache bereits am 13. September eine Geldstrafe von 10 000 Rubel verhängt worden.
Beiden wurde ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Versammlungsrechts vorgeworfen (§ 20.2. Ordnungsstrafrecht der RF). Svetlana Gannuschkina, die bei der Verhandlung selbst nicht anwesend war,. äußerte sich zu diesem Anlass folgendermaßen: „Der Staat kann wohl in bestimmten Situationen öffentliche Aktionen auf der Straße einschränken. Es gibt Ereignisse, bei denen das möglich ist. Zum Beispiel im Kriegszustand. Aber hier ging es um das Schicksal eines Menschen, Ojub Titiev, und darum, dass eine Abwesenheit jeglicher Rechtsprechung demonstriert wird. Und trotz Fußballweltmeisterschaft, wenn die Regierung so etwas zulässt, interessiert mich nicht, ob das Verbot öffentlicher Aktionen gesetzmäßig ist oder nicht. Ich denke, dass der Verstoß gegen ein Verbot öffentlicher Aktionen durch eine Einzelmahnwache in Wirklichkeit für niemanden irgendeine Gefahr darstellte.“
Gannuschkina kündigte außerdem an, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Der Prozess gegen Ojub Titiev, der kürzlich mit dem diesjährigen Václav-Havel-Menschenrechtspreis für Zivilcourage und herausragende Leistungen im Bereich der Menschenrechte ausgezeichnet wurde, geht derweilen weiter. Memorial betrachtet die Anklage als vollständig fabriziert und hat Titiev als politischen Gefangenen anerkannt.
14. November 2018